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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 16.06.2010


Kitty Hoff und Forêt-Noire - Curiose Geschichten
Claire Horst

Zum 200. Geburtstag von Robert Schumann hat die Chansonniere Kitty Hoff die "Kinderszenen" des Komponisten neu vertont. Und "neu" ist hier wörtlich zu nehmen, denn nicht nur wurden die Lieder...




... vollkommen anders arrangiert als üblich, sondern Kitty Hoff hat sie auch sehr eigenwillig vertextet.

Aus Schumanns bekannten Klavierstücken wurden auf diese Weise schräge Chansons über den Alltag einer Großstädterin im 21. Jahrhundert - bis auf die Titel der Lieder stammen alle Texte aus der Feder der Sängerin. An Schumann erinnert da manchmal nur noch wenig - oder dachte bei seinen Stücken bisher wirklich jemand an Abrissbirnen und Schrebergärten?

Dass die Sängerin keine weitere werkgetreue Interpretation der Lieder abliefern würde, war zu erwarten. Musikalisch wäre ihre Gruppe Forêt-Noire dazu durchaus in der Lage. Wie Hoff selbst besitzen die vier begleitenden Musiker alle eine musikalische Ausbildung. Doch das wäre der Band viel zu langweilig.

Kitty Hoff begann schon in frühester Jugend mit dem Klavierspielen, später studierte sie am Theater an der Wien und an der Essener Folkwang-Hochschule Musical. Ihre ersten Alben erschienen bei EMI/ Virgin Records, 2009 wechselte sie als erste deutsche Künstlerin zum Jazzlabel Blue Note. Für ihre Arbeit erhielt Hoff zahlreiche Stipendien und Auszeichnungen, unter anderem den Lale-Andersen-Preis 2008. In der Preisrede der Jury hieß es: "Kitty Hoff ist eine Chansonette der jüngeren Generation, die mit einer originellen Mischung aus Bossa Nova, Jazz, Pop und Swing aus der deutschen Unterhaltungsmusikszene herausragt. Die junge Dame aus Münster ... schreibt ihre Lieder und ihre deutschen Texte selbst und lässt sich vom Quartett Forêt-Noire (Schwarzwald) dezent begleiten. Frei von den üblichen Klischees der Rock- und Liedermacherszene geht sie einen eigenen Weg."

Ihren ganz eigenen Weg unterstreicht die Sängerin auch optisch. Gern tritt sie im Stil der Zwanziger auf, ondulierte Haare inklusive. Dass sie dabei nicht ganz humorfrei vorgeht, macht sie umso sympathischer. Und so gehen beim neuen Album Text und Musik eine besondere Symbiose ein. Die titelgebende "Curiose Geschichte" etwa erzählt von dem Wunsch, sich den Sorgen und Ängsten der eigenen Generation zu entziehen: "Ach Freunde kommt vorbei/ Wir quetschen uns in das kleine EI/ Und rollen in den Wald/ Solange bis die Kri-, solange bis die Kri-,/ Solange bis die Krise knallt." Merkwürdig klingt das, wenn es in getragener Chanson-Manier vorgetragen wird.

Die "Curiosen Geschichten" sprechen nicht nur für Fans der zwanziger Jahre an, die sich vielleicht auf den nächsten Tanzkurs emotional einswingen wollen, sondern mit ihrem groovenden Kontrabass auch JazzfreundInnen. Dass dabei nicht zuviel behäbige Gemütlichkeit aufkommt, dafür sorgt Kitty Hoff mit ihren teils bissigen Texten. Und so bleibt selbst der Forêt-Noire bei ihr nicht unangetastet: Ein "Ich greif mit beiden Händen in das Schwarzwaldtortenglück hinein" endet bei ihr ganz unromantisch und ironisiert damit sogar den verehrten Herrn Schumann: "Doch irgendwann nach sieben Jahr´n wird uns von all dem Süßkram schlecht." Schumann wird so auch für diejenigen wieder hörbar, die von all dem Klaviergeplätscher a la "Träumerei" genug haben.

AVIVA-Tipp: Kitty Hoff ist eine Entdeckung - und wer von dem Album noch nicht genug hat, sollte sich selbst auf die Spuren der Sängerin begeben. Auf ihrer Webseite finden sich Informationen zu ihren Song-Workshops für Profis und Laien.


Kitty Hoff & Forêt-Noire
Curiose Geschichten

Prime Tone Records, VÖ 11. Juni 2010

Kitty Hoff im Netz:

www.kittyhoff.de

www.myspace.com/kittyhoff

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Claire Horst